Meine Fortschritte mit ME/CFS Ein Rückblick nach 2,5 Jahren

Meine Fortschritte mit ME/CFS – Ein Rückblick nach 2,5 Jahren

Seit meinem ersten Verdacht auf ME/CFS und der Diagnose 6 Monate später sind jetzt 2,5 Jahre vergangen. Deshalb wollte ich mal Revue passieren lassen, wie es mir im Vergleich zu damals heute geht und all denen Hoffnung zu machen, dass es einem besser gehen kann.

Ein kurzer Hinweis: falls du die Begriffe pacen, Crash und den Bell-Score nicht kennst, findest du am Ende dieses Beitrags kurze Erklärungen dafür. 

Die Symptome vor 2 Jahren

Wie so viele Betroffene hatte und habe ich eine Vielzahl an Symptomen:

  • Übelkeit bis hin zu Erbrechen bei zu großer Anstrengung
  • Nebenhöhlenentzündungen (die keine waren!)
  • Muskelschwäche
  • Muskelschmerzen
  • Kopfschmerzen
  • Erschöpfung
  • Schlafstörungen
  • Brain Fog
  • Konzentrationsschwierigkeiten
  • Vergesslichkeit
  • Sprachschwierigkeiten
  • Nicht länger als drei Minuten stehen können

Dazu kamen auch immer wieder Crashs, die ich vor meiner Diagnose für Erkältungen und Ähnliches gehalten hatte.

Zum Glück ist seit dem viel passiert!

Wie geht es mir jetzt?

Die meisten Symptome habe ich mittlerweile erstaunlich gut im Griff. Übel wird mir nur, wenn ich mich so richtig überanstrenge – also wirklich einen Tag nonstop unterwegs bin ohne Pause und mit vielen Menschen um mich herum.

Bei den Nebenhöhlenentzündungen habe ich irgendwann erkannt, dass die Schmerzen an dieser Stelle ein Symptom von ME/CFS sind und keine wirkliche Sinusitis. Seitdem ich konsequent pace – also meine eigenes Energielevel beobachte und Pausen mache – habe ich dort keine Schmerzen mehr.

Die Schlafstörungen sind durch meine konsequente Schlafhygiene ebenfalls sehr stark zurückgegangen.

Seit ein paar Wochen habe ich nur noch sehr selten Crashs, und wenn doch, dauern diese nur wenige Stunden anstatt Tage – vorausgesetzt, ich ruhe mich aus. Ebenso kann ich plötzlich wieder schneller gehen! Beides fand ich sehr erstaunlich, als ich es merkte. Und ich bin natürlich sehr dankbar dafür.

Viele Symptome wie Brainfog, Erschöpfung und Muskelschmerzen sind nicht mehr so stark wie noch vor einem Jahr, aber sie sind natürlich noch nicht ganz verschwunden. Ob sie das jemals werden, kann ich jetzt noch nicht sagen. 

Brainfog

Obwohl ich noch einen langen Weg vor mir habe, bin ich dankbar für die kleinen, aber bedeutenden Fortschritte, die mir zeigen, dass es immer wieder ein Stück vorwärts gehen kann.

Was mache ich noch alles?

Das Wichtigste für mich ist nach wie vor das Pacing. Wenn ich nicht konsequent Mittagspause machen kann oder es übertreibe, dann kommt es nach wie vor zum Crash.

Ich klebe weiterhin Nikotinpflaster, da ich es innerhalb eines Tages merke, wenn ich sie vergesse. Wenn du mehr über Nikotinpflaster im Zusammenhang mit ME/CDS wissen möchtest, schau dir dieses Video an!

Mit Nikotinpflaster gegen ME/CFS

Auch mit Nahrungsergänzungsmitteln experimentiere ich weiter. Was mir bisher am Besten geholfen hat, ist morgens und mittags ein Elektrolyte-Pulver zu mir zu nehmen.

Außerdem habe ich mich mit der sogenannten „Mind-Body-Connection“ beschäftigt, also wie Körper und Psyche zusammenhängen. Wenn jetzt neue Symptome kommen, gerate ich nicht mehr in Panik, sondern beobachte sie erstmal interessiert und beinahe wissenschaftlich. Ich hatte jetzt ein paar Wochen Knieschmerzen. Da ich zu Unizeiten eine Knieoperation hatte, kenne ich Knieprobleme. Aber diese hier waren anders: sie wanderten und wechselten sogar vom linken aufs rechte Knie. Schmerzmittel halfen nicht, also war klar, dass hier wieder ME/CFS am Werk war. Ich laufe also nicht so oft die Treppen im Haus hoch und runter, achtete aber sonst nicht weiter drauf. 

Bin ich wieder gesund?

Definitiv nein. Auch wenn es mir in Minischritten besser geht und ich mich bei Bell 80 sehe, ist für mich ME/CFS immer noch eine schwerwiegende Erkrankung. Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass eine einzige Virenerkrankung mich wieder zurückwerfen kann. Ich weiß aber auch, dass ich mich dann auch wieder aufrappeln kann und das gibt mir Zuversicht!

Trotz der Fortschritte, die ich gemacht habe, weiß ich, dass ME/CFS mich weiterhin begleiten wird. Doch anstatt mich davon entmutigen zu lassen, sehe ich jede kleine Verbesserung als Zeichen dafür, dass es möglich ist, mit dieser Krankheit einen lebenswerten Alltag zu gestalten – und das gibt mir die Kraft, weiterzumachen.

Erklärungen der Begriffe

Was bedeutet „pacen“?
Pacing ist eine Strategie, die mir hilft, meine Energie besser einzuteilen, damit ich nicht in einen Zustand völliger Erschöpfung gerate. Es bedeutet, auf meinen Körper zu hören, meine Aktivitäten an mein Energielevel anzupassen und regelmäßig Pausen einzuplanen – auch dann, wenn ich mich gerade gut fühle. Pacing ist für viele Menschen mit ME/CFS essenziell, um Crashs zu vermeiden oder zumindest abzumildern.

Was ist ein „Crash“?
Ein Crash beschreibt eine Phase, in der die Symptome von ME/CFS plötzlich massiv zunehmen. Typisch ist, dass ein Crash durch Überanstrengung ausgelöst wird – sei es körperlich, geistig oder emotional. Während eines Crashs fühle ich mich oft wie von einer Erkältung überrollt, bin extrem erschöpft und kann kaum etwas tun. Die Dauer eines Crashs variiert von wenigen Stunden bis hin zu Tagen oder sogar Wochen, je nachdem, wie gut ich es schaffe, mich zu erholen.

Was ist die Bell-Skala?
Die Bell-Skala ist eine Art Orientierungshilfe, um den Schweregrad von ME/CFS zu beschreiben. Sie reicht von 0 (keine Aktivität möglich, vollständige Abhängigkeit von Pflege) bis 100 (gesund und uneingeschränkt leistungsfähig). Momentan sehe ich mich bei etwa 80 Punkten, was bedeutet, dass ich zwar eingeschränkt, aber zu vielen Aktivitäten des Alltags fähig bin – solange ich mein Energielevel gut im Blick behalte. Die Bell-Skala hilft mir, meine Fortschritte einzuschätzen und besser einzuordnen, wo ich gerade stehe.

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