Laktoseintolerant und selbstgemachter Ziegenfrischkäse? Natürlich ein Widerspruch in sich, aber ich konnte einfach nicht widerstehen, und bin der Einladung der AOK im Rahmen ihrer Wellcard-Aktionen zu einem Käseseminar beim Krewelshof gefolgt – einfach weil ich neugierig war.
Den Krewelshof kenne ich bereits seit etlichen Jahren, da er nur 10 Minuten mit dem Auto von uns aus entfernt ist. Es ist kein echter Bauernhof, sondern besteht aus einem großen Laden, einem Restaurant, einer Spielscheune, einer Bäckerei & Konditorei, einem Ziegenstall und eben einer Käserei. Dadurch gibt es beim Krewelshof viel aus eigener Produktion.
Am Krewelshof angekommen, wurden wir knapp 20 Frauen zum Käsemeister geschickt. Vor uns auf den Tischen standen große Behälter mit der Molke und der angedickten Milchmasse, an jedem Platz Teller und Käsesiebe und -presse.
Doch bevor wir uns in die Molke stürzen durften, gab uns der Käsemeister zunächst eine Einführung in die hohe Kunst des Käsemachens. Man merkte, dass er ein „alter Hase“ seines Metiers war, denn er sprach mit viel Liebe über seine Handwerkskunst.
Woher kommt die Milch?
Der Krewelshof stellt nur Ziegenmilchkäse her, da sie eben nur Ziegen haben. Diese werden leider in einem Stall gehalten, da sie aus hygienischen Gründen so wenig Kontakt zu Menschen haben sollen wie möglich. Auch das Melken funktioniert ganz automatisch. Sie geben ca. 3-4 Liter am Tag und werden zweimal am Tag gemolken. Selbst dem Käsemeister gefällt die Haltung nicht wirklich, aber er tröstet sich, dass sie es nicht anders kennen als im Stall. Aber: sie sind auch extrem selten krank! Als wir den Stall besuchten, konnten wir auch sehen, dass sie putzmunter waren und wenigstens Platz und genügend Heu hatten. Ideal ist es allerdings nicht. Pro Woche verarbeitet die Käserei zweimal 500 Liter Milch zu Käse.
Übrigens erzählte und der Käsemeister auch, dass man aus Schweinemilch keinen Käse machen kann, da zu wenig Kasein enthalten ist.
Wie entsteht Käse?
Die Arbeitsschritte bei der Käseherstellung sind seit mehreren Jahrhunderten fast unverändert. Käse entsteht, wenn die Milch sauer wird, denn dann trennen sich die flüssigen Bestandteile, also die Molke, und die festen Bestandteile, vorwiegend Fett und Eiweiß. Je mehr Flüssigkeit bei der Herstellung aus der Masse entfernt wird, um so fester wird der Käse.
Die Pasteurisierung
Beim Krewelshof wird die Ziegenmilch zunächst pasteurisiert, also auf 75 Grad Celsius erhitzt. Dadurch werden mögliche Keime zerstört. Ich war vor ein paar Wochen bei Jule’s Käsekiste, dort wird Käse aus Rohmilch hergestellt – den Blogeintrag dazu findet Ihr auf meinem laktosefrei-Blog hier).
Warum pasteurisiert man die Milch überhaupt? Für Gesunde sind die Keime, die in der Milch sind, normalerweise kein Problem. Allerdings kann es bei Kindern, Alten, Kranken und besonders bei Schwangeren zu Problemen führen.
Das Eindicken
Nach der Pasteurisierung wird die Milch abgekühlt und kommt in die Käsewanne. Dann kommen zunächst die Starterbakterien hinzu, die die Trennung von flüssigen und festen Bestandteilen startet. Nach ca. 30 Minuten kommt dann das Lab dazu. Früher wurde dies aus dem Magen von Kälbern gewonnen, hier im Krewelshof benutzt man mittlerweile mikrobielles Lab. In der Milch ist zwar Milchsäure vorhanden, aber ohne die Starterbakterien und das Lab würde der ganze Prozess viel zu lange dauern.
Nach einer weiteren halben Stunde testet man mit einer Messerprobe, ob die Masse genug eindickt ist.
Kleinschneiden und Pressen
Nach dem Eindicken wird die gallertartige Masse zerkleinert. Wir durften das mit einem Messer machen, im Großen wird dies mit einer sogenannten Käseharfe gemacht. Je kleiner die Masse ist, desto mehr Molke kann man später herauspressen, so dass der Käse härter wird.
Wir hatten auf unseren Plätzen eine kleine Käsepresse mit Sieben, so konnten wir den Käsebruch aus der Wanne schöpfen, die Molke zunächst herausfließen lassen und dann pressen. In einem Netz sammelte sich dann bei uns der Frischkäse an.
Im Großen kommt die Molke und der Käsebruch in die Wannen-Presse, wo durch Druck die Molke abfließen kann. Diese wird übrigens auch hier nicht weiterverwendet, sondern fließt ab. Auch bei der großen Käseherstellung kommt die Masse in Netze, die allerdings entweder 500g, 1 Kilo oder 5 Kilo Käse enthalten und nicht wie bei uns nur ca. 100g.
Wir hörten bei diesem Schritt auf, denn bei so einem kurzen Seminar können wir natürlich nicht tagelang auf die weiteren Schritte warten. Diese will ich aber nicht vorenthalten:
Ruhen & Salzbad
Nach dem Pressen darf der Käse einen Tag lang an der Luft ruhen. Um danach die Bildung der Rinde zu starten, kommen die Käselaibe in eine Salzlösung. Dadurch bildet der Käse eine eigene Rinde als Schutz gegen Keime, Pilze usw. Da der Käse das Salz aufnimmt, darf er nicht zu lange darin bleiben. Ein kleiner Käse von 500g bleibt nur 3-4 Stunden in dem Bad, ein 5 Kilo-Käse bis zu 3 Tage, dabei wird er auch häufig gewendet.
Reifen
Nach diesem Bad kommt der Käse in den Reiferaum. Da die Bildung aus der Salzrinde zu lange dauern würde, werden die Käse mit ofenporigem Paraffin eingerieben. Dadurch können sie noch atmen. Diese Rinde kann man übrigens nicht mitessen. Auch werden sie nicht mit Wachs eingerieben, da dann der Käse nicht atmen könnte.
Je länger ein Käse reift, um so intensiver schmeckt er. Dabei braucht man viel Erfahrung, um zu bestimmen, wie hart man den Käse werden lässt. Ist der gewünschte Reifegrad erreicht, schweisst man den Käse in Folie ein, dadurch kann er keine Flüssigkeit mehr abgeben und reift nicht weiter. Allerdings muss man dabei aufpassen, dass sich kein ungewollter Schimmel bildet.
Der Geschmackstest
Natürlich waren wir alle gespannt, wie unser selbstgemachter Käse schmecken würde und wieviel Ziege wirklich drin ist. Ich habe mir erstmal 5 Laktase-Tabletten der Laktasekampagne genehmigt, damit ich das überstehe. Wir bekamen Brot, Kräuter und Marmelade, die ich sicherheitshalber abgelehnt habe. Die anderen experimentierten aber munter mit den verschiedenen Geschmacksrichtungen und wir bekamen sogar noch eine Käseplatte zum Probieren, damit wir auch fertig gereiften Käse kosten konnten.
Ich war überrascht, wie wenig der Frischkäse nach Ziege schmeckte – wobei mir der Geschmack von heftigen Ziegenkäse nie etwas ausgemacht hat. Aber ich muss zugeben, dass ich ein klein wenig stolz war auf die Portion, die ich dann mit nach Hause brachte, um meinen Göttergatten auch davon probieren zu lassen. Natürlich werde ich zu Hause keine Käseherstellung starten, denn ich glaube, meine Nachbarn hätten etwas gegen eine Ziege oder eine Kuh neben der Garage. Aber es war spannend, selber mal Frischkäse herzustellen!
Vielen Dank an den Krewelshof und die AOK für den interessanten und vor allem lehrreichen Nachmittag!