Kurz nach meiner Zöliakie-Diagnose war ich mit meinem Sohn in einer Eisdiele und überlegte, ob ich dort Eis essen kann. Der Besitzer sah mich Grübeln und fragte mich, was los sei. Also erzählte ich ihm von der Diagnose. Da er Italiener war, kannte er Zöliakie wie so viele seiner Landsleute. Er zeigt mir, dass bei ihm und wahrscheinlich 90% aller Eisdielen die Eiswaffeln oberhalb der Eisbehälter gelagert werden und außerdem beim Portionieren des Eises die Waffel über die Eisbehälter gehalten werden. Dadurch ist die Krümel- und Kontaminationsgefahr natürlich enorm und er riet mir dringend davon ab, bei ihm ein Eis zu essen. Auch wenn ich enttäuscht war, war ich ihm gleichzeitig dankbar, denn wir ich später erfahren sollte, habe ich vier Wochen etwas von einem Glutenunfall (ich rede nie von Diätfehlern, da ich finde, dass da implizit ein Versagen oder eine Schuldzuweisung mitschwingt).
Seit diesem Gespräch in der Eisdiele habe ich über zwei Jahre also meinem Sohn und meinem Mann beim Eisessen zugeschaut und mich an einen Espresso geklammert. Besonders schlimm war für mich jedes Mal das “erste Eis des Jahres”, etwas was ich als Kind nahezu zelebriert habe. Beim letzten Mal bin ich in einen Buchladen geflüchtet, da ich sonst zu traurig geworden wäre.
Jetzt war ich mit meinem Sohn eine Woche zu Besuch bei Verwandten in Ingolstadt und bekam den Tipp, dass es eine Eisdiele gäbe, die gluten- und laktosefreies Eis herstellen würde. Ich war sehr skeptisch und habe mich beim ersten Mal wieder nur an einen Espresso geklammert. Aber einen Tag später wollte mein Kind dort wieder ein Eis und ich konnte beobachten, wie sie dort mit dem ganzen Vorgang umgehen: die Eiswaffeln stehen auf einer getrennten Fläche neben dem Eis, die Kühltheke ist mit einer zusätzlichen Glasscheibe abgeschirmt und der Eisportionierer wird nach jeder Kugel unter fließendem Wasser abgespült.
Todesmutig bestellte ich direkt drei Kugeln und konnte mein Glück gar nicht fassen. Als ich grinsend dastand, kam die Geschäftsführerin dazu und wir redeten ein wenig über Zöliakie. Schließlich zeigt sie auf mein strahlendes Gesicht und sagte zu ihrer Angestellten: “Genau deswegen machen wir das so!” Wir waren noch zwei weitere Male dort, denn das musste ich ja ausnutzen und ich versprach, über sie zu berichten. Versprechen erfüllt! Wer mal in Ingolstadt ist: die Eisdiele “Del Corso” liegt in der Pfarrgasse zwischen Fußgängerzone und Wochenmarkt!
Wenn Sie mit Zöliakie Eis essen gehen möchten, sollten Sie sich also erstmal anschauen, wo die Waffeln gelagert werden und wie das Eis-Prozedere abläuft. Manchmal hat man einfach Glück und die Eisdielenbesitzer kennen sich aus, z.B. haben sie dann ein getrenntes glutenfreies Eis oder sogar glutenfreie Waffeln – was aber sehr selten ist. Verlassen Sie sich nicht drauf, wenn auf einem Schild steht: “glutenfreies Eis”. Dieses ist dann vielleicht glutenfrei hergestellt, kann aber durch die Handhabung der Waffeln wieder kontaminiert sein. Das wichtigste ist: reden Sie mit den Leuten, vertrauen Sie auch auf Ihr Bauchgefühl – und nehmen Sie zur Not lieber nur einen Cappuccino, natürlich ohne Keks.