Das Thema Ernährung begleitet mich schon lange. Zuerst, weil bei mir neben Allergien auch 2009 auch eine Laktoseintoleranz festgestellt wurde und dann ein paar Jahre später Zöliakie. Ich habe sogar einen Fernlehrgang zum Food Coach gemacht, mit dem ich dann aber, weil es mir immer schlechter ging, nichts mehr beruflich machen konnte. Seit 2 Jahren weiß ich, dass das am ME/CFS lag, das ich wahrscheinlich schon seit über 10 Jahre habe. Eben durch das ME/CFS habe ich auch seit 14 Jahren konstant zugenommen, obwohl ich einige Ernährungsformen ausprobiert habe, die dem entgegenwirken sollten. Aber nichts hat geholfen.
Hinweis: ich bin „nur“ mild betroffen. Schwer- und Schwerstbetroffene verlieren meistens deutlich an Gewicht, vor allem, da sie sich häufig nicht mehr selbst ernähren können!
ME/CFS und Diabetes
Letzte Woche las ich dann, dass bei ME/CFS ähnliche Stoffwechselstörungen wie bei Diabetes auftreten – diese aber sich nicht so sehr ähneln, dass sie bei ME/CFS mit den üblichen Diabetes-Diagnosetools gefunden werden können. Genau das habe ich auch bei mir beobachtet. Ich reagiere auf Unterzuckerung vor allem mit Schwäche und Brain Fog, aber alle Zuckerwerte sind absolut in Ordnung. Wir ME/CFS-Betroffene kennen dieses Phänomen allgemein besser, als uns lieb ist: Wir haben Symptome, aber nicht die passende Erkrankung.
Gründe für die Gewichtszunahme bei ME/CFS
Der naheliegenste Grund einer Gewichtszunahme bei ME/CFS ist natürlich, dass Betroffene so gut wie gar kein Sport machen und nur wenig aktiv sein können. Ich bin als „nur“ mild betroffene zwar in der Lage, mich zu bewegen, aber wenn ich mal an einem Tag 10.000 Schritte gelaufen bin, muss ich mich am nächsten Tag ausruhen, weil ich sonst crashen würde.
Der andere Grund ist, dass ich immer wieder versucht habe, aus kalorienreicher Nahrung wieder Energie zu bekommen – was sich natürlich dann mit einer Gewichtszunahme auswirkt, denn so viele Kalorien verbrenne ich gar nicht, wie ich zu mir genommen habe.
Erster Versuch: Intervallfasten
Bevor mir die Ähnlichkeit mit Diabetes bewusst war, habe ich es erst mal mit Intervallfasten probiert. Einige Wochen konnte ich 16:8 (also 16 Stunden fasten, 8 Stunden essen), relativ gut aushalten und habe zwei Kilo abgenommen. Meine Hoffnung war, dass mein Körper in den Fastenzeiten sich nicht mit dem Verarbeiten von Essen beschäftigen musste und sich dadurch erholen konnte. Aber dann musste ich immer früher das Fasten beenden, weil es mir nicht gut ging, ich zittrig und unkonzentriert wurde. Also brach ich ab und das Gewicht ging weiter hoch.
Neuer Plan: Kalorienzählen und kürzeres Intervallfasten
Nachdem ich über die Ähnlichkeit von Diabetes gelesen hatte, kramte ich mein ganzes Food Coach-Wissen hervor und kam auf eine neue Lösung: Ich faste nur noch 13 bis maximal 14 Stunden, so dass ich, wenn ich um 19 Uhr aufhörte zu essen, ich um 8 Uhr am nächsten Morgen wieder anfangen konnte.
Außerdem errechnete ich mir meinen Grundumsatz und beschloss, diesen um maximal 500 kcal am Tag zu senken. Zu niedrig würde es mir mit dem ME/CFS schaden und ich wollte auch langsam und nachhaltig abnehmen, anstatt meinen Körper zu etwas zu zwingen, dass mich im Endeffekt doch nur crashen lassen würde.
Die Umsetzung
Zum Kalorienzählen benutzt ich die App „Fddb“. Ich hatte mit der Webseite während des Kurses zum Food Coach gearbeitet und hatte Zutrauen, dass es funktioniert. Sehr begeistert bin ich, dass in deren Datenbank auch viele der glutenfreien Produkte bereits enthalten sind, die ich nutze.
An Tagen, an denen ich unterwegs bin, zähle ich keine Kalorien oder versuche zu fasten. Denn dann ist es wichtiger für mich, nur durch den Tag zu kommen. Das können Tage sein, wenn ich ins Büro fahre oder auch z.B. bei meinem Ausflug zur Frankfurter Buchmesse.
Ich wiege mich jeden Morgen! Diesen Tipp hatte ich in dem Buch „Fast. Feast. Repeat“ von Gin Stephens gelesen, obwohl ja eigentlich immer davon abgeraten wird. Aber gerade bei uns Frauen können selbst nach den Wechseljahren wie bei mir die Werte um bis zu 1,5 Kilo schwanken! Würde ich mich nur einmal die Woche wiegen, hätte ich wahrscheinlich schon aufgegeben, weil es im schlimmsten Fall nur ein paar Hundert Gramm Unterschied gesehen wären. So weiß ich aber, was mein niedrigster Wert ist und gehe entspannt damit um, wenn mein Gewicht ein paar Tage höher ist. Ich freue mich natürlich, wenn es runter geht, aber ansonsten sehe ich die Zahl eher als einen wissenschaftlichen Wert, den ich beobachte. Ich hatte mir Anfang des Jahres von Soehnle die Waage „Shape Sense Connect 100“ bestellt, die per Bluetooth verbunden, dem Körperfett, Wasser- und Knochenanteil misst sowie den BMI bestimmt. So kann ich selbst im morgendlichen Brainfog die Werte abspeichern, ohne nachdenken zu müssen. Die Waage gibt es hier bei Amazon (Affiliate Link). https://amzn.to/3CgBBC4
Ich versuche, mich auch ungefähr an ein Schema zu halten: ca. 8 Uhr Frühstück, ca 10:30 Uhr meinen laktosefreien und koffeinfreien Cappuccino mit etwas Sirup und einem Zimtkeks – ich liebe die Soft Cookies von Schär, die zum Glück einzeln verpackt sind. Zum Mittagessen esse ich mittlerweile häufig einfach eine große Portion Obst mit Wachteleiern oder Nüssen. Nachmittags noch einen Snack und dann Abendessen so gegen 18:30 Uhr. Das Gute ist, dass ich zwischendurch auch mal was essen kann, ich aber nicht mehr eine ganze Packung Lebkuchen esse, sondern einfach nur 2-3 Stück, die ich vorher abwiege. Und ich mittlerweile eher zu etwas Obst und Gemüse greife.
Das Ergebnis
Ich verfolge diesen Plan jetzt seit 6 Wochen und habe bisher 3,5 Kilo abgenommen. Mit anderen Methoden wäre das sicherlich mehr, aber so hat es bis jetzt nicht zu einer Verschlechterung des ME/CFS geführt. Im Gegenteil, ich habe das Gefühl, dass es ganz langsam sogar besser wird. Ich habe immer mehr Tage, an denen ich mich fast normal fühle!
Ich merke auch ganz langsam, dass sich mein Körper verändert. Das motiviert mich natürlich, weiterzumachen. Auch vom Kopf her gibt es Änderungen; Häufig schaue ich auf den Kaloriengehalt eines Produktes und denke mir, nö, das „kostet” mir zu viel von meinem Tagesbudget an Kalorien.
Ich bin gespannt, wie es weitergeht, aber gleichzeitig auch zuversichtlich. Natürlich würde ich gerne schneller abnehmen, aber ich glaube, auf diesen Weg habe ich eine Chance, dass es langfristig klappt und ich dann das Gewicht auch halten kann.